Ein Selbstverteidigungssystem sollte auf die verschiedenen Angriffsarten möglichst einfache Antworten haben, die an jedem Ort zu jeder Zeit einsetzbar sind!
Im Gegensatz zum sportlichen Vergleich, kann man sich bei einem Überfall auf der Straße weder den Zeitpunkt noch den Ort der Handlung aussuchen. Der Angriff kann durch einen Einzelnen oder durch Mehrere, er kann bewaffnet oder unbewaffnet erfolgen. Auf all dies hat das potentielle Opfer keinen Einfluss. Überfälle treffen den Einzelnen in der Regel überraschend, d.h. er hat keine oder wenig Zeit, sich auf die neue bedrohliche Situation einzustellen. Der ungeheure Stress in Kombination mit der auftretenden Angst schränkt häufig die Motorik des Opfers massiv ein.
Jeder Versuch, feingliedrige komplexe Handlungsweisen durchzuführen, hat von vornherein eine hohe Versagenswahrscheinlichkeit. Aus diesem Grund darf sich ein intelligentes Selbstverteidigungssystem nicht auf komplizierte technische Abläufe verlassen. Im Gegenteil: Einfachste unkomplizierte Handlungsweisen, möglichst unter Ausnutzung bereits vorhandener natürlicher Verhaltensweisen, sind der Schlüssel zum Erfolg.
Konkret heißt das: Im Gegensatz zum sportlichen Vergleich (Kampfsport), darf sich ein intelligentes Selbstverteidigungssystem nicht auf bestimmte Distanzen oder bestimmte Arten von Angriffen festlegen. Man kann nicht davon ausgehen, im Selbstverteidigungsfall eine ebene Kampffläche zur Verfügung zu haben. Selbstverteidigung muss auch auf einer Treppe oder in der Straßenbahn funktionieren. In solchen Situationen fallen alle akrobatischen Techniken von vornherein weg. Genauso wenig kann davon ausgegangen werden, dass man nur mit bestimmten Techniken angegriffen wird, wie das zwangsläufig bei sportlichen Wettkämpfen der Fall ist. Im Kampfsport sind die Techniken limitiert (z.B. keine Technik unterhalb der Gürtellinie), um die Verletzungsgefahr zu senken. Im Selbstverteidigungsfall sind jedoch gerade die im Sport verbotenen Techniken die Wirkungsvollsten. Man muss diese Techniken nicht nur selbst anwenden können, sondern auch wissen, wie man diese abwehrt. Im Selbstverteidigungsfall muss mit allem gerechnet werden. Es gibt dabei keine sportlichen Regeln und keine Fairness. Ein verlorener Kampf bedeutet in der Regel den Verlust der körperlichen Unversehrtheit. Eine sinnvolle Selbstverteidigung beinhaltet deshalb nur effiziente Techniken und keine Showtechniken. Sie beinhaltet ferner Angriffs- und Abwehrmöglichkeiten in allen möglichen Kampfdistanzen u.a. auch gegen Angriffe in der Bodenlage oder auf engstem Raum, wie z.B. in einem Aufzug oder einem Auto. Da ein Angriff überraschend erfolgen kann und man in diesem Fall nicht auf Anhieb erkennen kann, ob der Angriff z.B. mit einer Stichwaffe, Schlagwaffe oder unbewaffnet erfolgt, müssen die ersten instinktiven Maßnahmen möglichst all diese Gefahren abdecken. Das heißt, eine Strategie, bei der die Erstreaktion gegen einen Messerangriff anders ist, als gegen einen Stockangriff oder einen Faustangriff, ist bei einer überraschenden Selbstverteidigungssituation mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Scheitern verurteilt. Ein weiterer Aspekt einer sinnvollen Selbstverteidigung ist das Verwenden von Hilfsmitteln. Gerade gegen einen bewaffneten Angriff (z.B. Stichwaffe) ist es ein immenser Vorteil, wenn das potentielle Opfer Hilfsmittel, die sich in der Umgebung befinden, gezielt einsetzen kann. Dabei ist es wichtig, dass ein SV-Schüler nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch lernt, wie z.B. ein Regenschirm, eine Jacke, ein Stock oder ein Stein eingesetzt werden kann.